Im Zweiten Weltkrieg wurde Gemünd zu 85 % zerstört oder schwer beschädigt. Auch viele bedeutende ältere Bauwerke aus Stein waren betroffen. Die sogenannte „Trutzburg“ in der Bergstraße mit ihrer wechselhaften Geschichte blieb erhalten; sie war das Stammhaus der Familie Günther. Dietrich Reinhard Günther, Reitmeister (Eisenfabrikant) und herzoglicher Baumeister in Gemünd ( 1650), kaufte das Grundstück in der Bergstraße im Juli 1607. Im Jahre 1618 erbaute Günther, der mit Frau Elsgen Jonen verheiratet war darauf ein Wohnhaus, welches später vom Freiherrn von Harff „Trutzburg“ genannt wurde. Unter diesem Namen ist das Haus auch heute noch bekannt.
Wie kam es nun zu dem Namen des Hauses „Trutzburg“: Gemünd gehörte bis 1798 zu zwei Herrschaften; links der Urft unterstand Gemünd der Herrschaft Dreiborn und rechts des Flusses befand sich der Jülicher Amtsbezirk. Der Reitmeister D. R. Günther wohnte zuerst von 1610 bis 1618 auf der Dreiborner Seite. Mit dessen Herren Freiherr von Harff, der katholisch war, gab es immer wieder Streit. Günther war Lutheraner. Er wollte den ewigen Streitereien aus dem Wege gehen und wechselte mit einem Neubau seines Wohnhauses auf die rechte Urftseite und damit in den Amtsbezirk Jülich. Die dem Freiherrn von Harff damals geschuldeten 1000 Goldgulden beglich er mit kleinen Kupfermünzen und ließ diese in einem Sack überbringen. Der Freiherr ärgerte sich wohl sehr darüber, aber er konnte dem Günther nichts anhaben, da dieser bereits auf der anderen Urftseite und damit in einem anderen Machtbereich wohnte.
Die Trutzburg hat eine lange, wechselvolle Geschichte hinter sich. In den umfangreichen Gebäuden, die sich nach und nach hinzufügten, erlaubte Günther, der ja selbst Lutheraner war, der Lutheraner Gemeinde die Benutzung von Räumlichkeiten für gottesdienstliche Zwecke. Im Giebel des Hauses war früher ein Balken mit einer Rolle und Seil um Getreide und andere Dinge hochzuziehen. Besonders auffallend ist auch heute noch die Einfahrt zum Hof. Dort befindet sich ein großer, hoher gemauerter Rundbogen von fast vier Meter Breite. Am Scheitelpunkt des Rundbogens befindet sich ein Wappen, mit den Initialen des Erbauers R.G. und E.J. (Reinhard Günter und Elsgen Jonen) und die Jahreszahl 1619. Früher gehörten zum Haus noch u.a. Stallungen und Scheune. Die Gebäude wurden vielfältig genutzt. 1893 wurde eine Bäckerei gebaut und dahinter eine Brauerei und Brennerei. Von 1822 bis 1848 beherbergte die Trutzburg auch ein Richterzimmer mit großem Gerichtssaal des „Friedensrichters“. Damals gab es im Hause auch eine Wirtsstube mit dahinterliegendem großem Saal. Die Holztäfelung des Saals stammte aus dem Kloster Mariawald. Viele Feste von Gemünd wurden dort gefeiert und der Singverein Concordia 1830 im Saal gegründet. In den an die Trutzburg angebauten Häuser „Rotbuche“ und „Mittag“ befanden sich dieser Saal und Fremdenzimmer. Darüber hinaus gab es Räumlichkeiten für Knechte und Mägde sowie einen Kuhstall, einen Schafsstall und einen Pferdestall. Hinter den Gebäuden war ein großer Garten mit Obstbäumen.
Seit dem Bau des ersten Hauses wurde die Trutzburg wiederholt durch Anbauten ergänzt und verändert. Insbesondere das Innere des erhaltenswerten Hauses wurde in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts dem modernen Wohnen angepasst.