Schule im Vergleich - Namibia und Deutschland


Maury Javiera Fernandez Clark ist Lehrerin für Englisch, Politik und Spanisch an der Städtischen Realschule Schleiden. Durch ihre Schwiegereltern, die in Prüm im Weltladen Prüm e.V. tätig sind, bekam die aus Nicaragua stammende Lehrerin Kontakt zu ‚Suni e.V.‘, einem in Wittlich in Rheinland-Pfalz beheimateten Verein, der den interkulturellen Austausch zwischen Deutschland und Namibia fördert. Hierzu gehört auch der namibisch-deutsche Austausch von Pädagogen und Pädagoginnen, die durch die Erfahrungen im anderen Land profitieren und ihren Unterricht verbessern sollen. Gefördert wird dieses Projekt unter anderem von der Staatskanzlei Rheinland Pfalz und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. 

Der Startschuss für das Programm, an dem 14 Lehrer:innen beider Länder teilnehmen (7 aus Deutschland und 7 aus Namibia) fiel am 19. April mit jeweils einem Workshop in Trier, Deutschland und Gobabis, Namibia. Ziel des Expertenaustauschs ist es, die Teilnehmer als Multiplikator:innen für die Bildung für nachhaltige Entwicklung im Rahmen des UNESCO-Weltaktionsprogramms zu qualifizieren (ESD: Education for Sustainable Development) und einen Einblick in das jeweils andere Bildungssystem zu ermöglichen. Hierbei werden pädagogische Ansätze ausgetauscht, um durch die Arbeit im Netzwerk gegenseitig voneinander zu lernen.

Im Juli 2024 war es dann so weit – die deutsche Gruppe reiste nach Namibia, um dort drei Wochen zu verbringen und vielfältige Erfahrungen zu sammeln. Die Zielregion war das Omaheke Gebiet im Osten Namibias, zu dem das ehemalige Stammland der Hereros gehört, das sich östlich der Hauptstadt des Landes Windhuk erstreckt.

Maury Fernandez Clark reiste zunächst einmal nach Otjimanangombe, einem kleinen Ort nordöstlich von Windhuk und etwa 176 Kilometer von Gobabis entfernt, welches der zentrale Treffpunkt der Gesamtgruppe war. Erst einmal standen Erfahrungen an einer namibischen Schule im Mittelpunkt. „Namibische Schulen unterscheiden sich sehr von deutschen Schulen. Als erstes gibt es dort weder Handys noch irgendwelche anderen technischen Geräte, da es dort keinen Empfang gibt. Die Schulleitung und die Lehrer haben manchmal Zugang zum Internet, aber die Verbindung ist sehr schwach, und nicht alle Schüler können sich ein Handy leisten. Das ist schon ziemlich ungewohnt am Anfang“, berichtet Fernandez Clark von ihren Erfahrungen. Im Klassenraum befinden sich bis zu 60 Schüler.innen in einer Klasse, der Unterricht ist aufgrund der Menge der Schüler:innen eher frontal. Da der Schulweg für viele so weit ist, leben sie in Hostels vor Ort. Ihre Familien können sie nur alle vier Wochen besuchen und auch dann ist der Weg für diesen Besuch so weit, dass kaum Zeit zu Hause bleibt.

Namibische Schulen beginnen bei Klasse 0 (Kindergartenalter) und gehen bis zur siebten Klasse, danach ist ein Übergang in die Sekundarstufe möglich. In Otjimanangombe geht das Angebot bis zu Klasse 10. „Besonders erstaunt hat mich die hohe Zahl an Schüler:innen, die die Schule während ihrer eigentlichen Schulzeit verließen. Meiner Meinung nach ist eine Motivation für viele Schüler und Schülerinnen, zur Schule zu gehen, das Essen, das dort angeboten wird, was ich für eine großartige Chance für viele Kinder halte. Insgesamt sind die Schulen und die Unterkünfte sehr einfach ausgestattet, Schulmaterialien sind eher Mangelware“, ergänzt Fernandez ihre Erfahrungen. „Lehrer:innen sind gesucht und eigentlich zu wenig vorhanden, auch deshalb sind die Klassen so groß“, führt die Pädagogin weiter aus.

In der zweiten Phase des Austauschs trafen sich die Teilnehmer:innen in Gobabis, wobei sich vor allem der Transport dorthin als nicht so einfach erwies. Die 176 Kilometer, die zurückzulegen waren, dauerten etliche Stunden und die Fahrt war mit viel Staub und Staus verbunden. Busse gibt es nur wenige und so musste der Weg mit Taxis oder Kleinbussen zurückgelegt werden. Dies galt natürlich auch für die anderen Teilnehmer:innen am Austausch, die ebenfalls einige Zeit benötigten, um an ihren Zielort Gobabis zu gelangen.

Dort angekommen konnten sich die Teilnehmer:innen zunächst einmal austauschen und für die bevorstehende Fahrt in die Wüstenregion stärken. Die Fahrt dorthin dauerte ca. 13 Stunden und vor Ort erfuhren die Teilnehmer:innen, wie nachhaltiges Leben funktionieren kann. Der Strom wird dort rein als Solarenergie produziert und ebenso verfährt man beim Erwärmen des Wassers oder beim Kochen. Eine Mahlzeit zu kochen dauert so locker einmal 4-5 Stunden – funktioniert aber ohne Probleme. Vor Ort arbeiteten die Pädagog:innen in unterschiedlichen Workshops zu ausgewählten Themen aus dem Bereich der 17 globalen Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030, die auf den 17 ‚Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen (SDGs) beruhen. Hierbei planten die deutschen und namibischen Lehrkräfte unterschiedliche Projekte, die sie in ihrem jeweiligen Heimatland verwirklichen möchten.

Den Abschluss der Reise bildete ein dreitägiger Aufenthalt der Gruppe in Swakopmund an der südatlantischen Küste Namibias. Mit ca. 76.000 Einwohnern bietet die Stadt am Meer einen starken Kontrast zum vorherigen Aufenthalt in der Wüste und setzte einen weiteren Gegenpunkt bei den Erfahrungen. „Besonders interessant waren die Häuser in der Stadt, die oft noch aus der Kolonialzeit der Deutschen aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert stammen. Auch der Besuch des ‚Swakopmund Museum‘ hat mich tief beeindruckt, da es an die deutsche Kolonialherrschaft und die Ermordung von fast 100.000 Ovaherero und Nama durch die deutschen Besatzer erinnert“, fasst Fernandez ihre Eindrücke aus der Stadt zusammen.

Hierarchien werden in Namibia großgeschrieben und so gehörten Besuche beim Bürgermeister, beim Bildungsminister, dem Gouverneur und den Schulleitern einer Berufsschule und einer Privatschule dazu – hier ging es dann eher förmlich zu. „Ich habe großen Respekt vor der Arbeit meiner Kolleg:innen in Namibia“, resümiert Fernandez ihre Erfahrungen. „Trotz schwieriger Bedingungen machen sie mit ihrer Arbeit weiter und versuchen, den Kindern Bildung zu vermitteln. Das finde ich nicht selbstverständlich“, zollt ihnen die Realschullehrerin Respekt.

An der Städtischen Realschule Schleiden freuen sich die junge Kollegin mit ihrer Schulleitung und dem Kollegium auf den Gegenbesuch aus Namibia. Ab Ende April bis in den Mai 2025 wird die namibische Lehrerin, Frau Kaezuko Kamakuere zu einem Gegenbesuch in Schleiden erwartet. Wir sind gespannt, was die afrikanische Kollegin zum deutschen Schulsystem sagt und von welchen Tipps wir womöglich profitieren können.

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