Drei Brunnen in Drommer
Von Manfred Lang
mit Vorarbeit durch das Stadtarchiv Schleiden
1334 wurde das Schloss „Troys Fontainez“ (= „Drei Quellen“, Drei-Born) erstmals erwähnt. Dreiborn hatte im Lauf der Jahrhunderte viele Namen: „a Dreyborna, Trium Fontium, Darmikon, Drinburnen, Trimborn, Dromburen und Drommer“.
Der Spitzname „de Uusen“ soll aus dem Lateinischen „at usum“= „alles gehört uns“ stammen. Das zeugt von gesundem Selbstbewusstsein der rheinprovinz-preußischen Landbevölkerung, wie eine Schmähung des hiesigen Bauernstands belegt: Demnach lautet das erste Wort, das ein neugeborener Eifeler Bauernsohn sprechen kann „Meng“ („Meins“) und das zweite „Mije“ („Mehr“). At usum, eben!
Ehedem nannte man die Höhenbewohner der Stadt Schleiden auch „die Berger“ und somit wurde in „Drommer“ die „Berger-Kirmes“ gefeiert. Dass die heutzutage 973 „Drommerter“ zwar noch eigenwillig sprechen („Songdich“, „Dengstich“, „Fregdich“), aber eben auch wie keine anderen zu feiern verstehen, ist im weiten Umland bekannt.
Selbst die Bleibuirer Ecke, aus der der Autor dieser Zeilen stammt, und in Sonderheit die Voißeler „Heedpecker“ zog es magisch zu großen und größten Feierlichkeiten in die Schleidener „Rocky Mountains“. Und nicht nur die „Buirde“ waren „jahrfäd“ (aufgeregt) und „nöjschietich“ (neugierig), wie in Drömmer „de Posst affjeng“, sondern manchmal auch ein bisschen „aafjüstig“ (neidisch).
„Beij de Uuse“ ließen Ottmar und Monika Hilgers in den siebziger Jahren im Saal Hilgers die Puppen tanzen und auch international renommierte Stars und Sternchen in 1000- und 1500-Mann-Zelten auftreten. Cindy & Bert, Heino, „The Sweet“ und Drafi Deutscher trällerten schon im „Dorp“ zwischen Patersweiher und Mückenbach.
Mark Twain und Woltesch Hein
Einheimische Berühmtheiten waren die beiden („zwie-en“) Brüder und Originale Robert und Heinrich Wolter, deren Bildnis diesem Ortsportrait beigefügt ist und die den Dreiborn-Kenner Gerd Wolter „mot Rippes un Rappes“ an die Zeiten von Mark Twains „Tom Sawyer & Huckleberry Finn“ erinnern. Zahllose Anekdoten über „Robert“ und „Heinrich“ sind überliefert – nicht nur, aber auch von den eigenwilligen Koch- und Essgewohnheiten der Brüder.
Bei ihnen gab es eher selten „Äerz unn Muuhre“ oder „Schavuen“ (Wirsing), ihre Mahlzeiten waren nicht „schuen“ (üppig), es gab häufiger „Bluesskoppsäeberen“ (Salzkartoffeln ohne Zutaten) oder „en Koschd“ (Brotkrume), so Gerd Wolter: „Sie kochten Suppe. Alles musste schnell gehen, denn der Hunger war groß. Bei der Rindfleischsuppe ragten die beschlagenen Füße eines alten Ochsen aus dem auf dem Herd stehenden Topf, bei der Hühnersuppe waren es die Hühnerfüße.“
Ein anderes Mal sollen sie Heu auf seine Genusstauglichkeit geprüft und probeweise gegart haben. Von dem Ergebnis waren Robert und Heinrich allerdings selbst nicht angetan: „Mer konnt et joot köije, äver schlecke konnt mer et net!“
Robert Wolter war mit Uniform, Horn und Revolver bestellter Nachtwächter. Eine Uhr („Ur“ im Gegensatz zu „Uhr“ für Ohr) hatten die wenigsten und Robert pflegte die Weckdienste sehr gewissenhaft auszuüben, mit denen er beauftragt worden war.
So schreckte er mit seiner Trillerpfeife die halbe Nachbarschaft aus den Betten, nicht nur den Auftraggeber, wenn er „wackerich jeng“. Selbst wenn der Auftraggeber gar nicht mehr früh aus den Federn musste, um von Dreiborn an die Bahn ins Schleidener Tal zu gelangen, aber vergessen hatte, Roberts Dienste abzubestellen.
Ortsnamen auf „Born“ deuten immer auf Brunnen oder Quellen hin, so auch im Schleidener Höhengebiet: Die drei Quellen (Brunnen) im „Hagebrögelchen“ speisen bis heute den Wassergraben der 1334 erstmals erwähnten Burg, dem eingangs erwähnten Schloss „Troys Fontainez“.
Dort befindet sich heute der Drei-Brunnen-Park. Welcher andere Ort dieser Größe außer dem 2011 auf Kreis- und 2012 und 2015 auf NRW-Landesebene beim Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ ausgezeichneten Drommer besitzt schon einen eigenen Park?
Burg und Ort Dreiborn existierten laut von Marcel Wolter zusammengetragenen Fakten bereits vor dem Jahre 1000 n. Chr. Die wehrhafte Anlage diente mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit dem Schutz des Königsgutes Walberhof zur Zeit Kaiser Karls des Großen (768-814).
Zu cineastischen Ehren kam die höchstgelegene Wasserburg des Rheinlands und Zentrum der größten Unterherrschaft im Herzogtum Jülich im Jahre 2005 als Kulisse des Kinofilms „Die Bluthochzeit“ unter anderem mit Nadeshda Brennicke, Lisa Maria Potthoff, Armin Rohde und Uwe Ochsenknecht.
Dreiborn liegt heute dort, wo in der Spätantike die Römerstraße („Römerwäisch“) Köln-Reims (Wollseifener Straße) verlief. „Drommer“ - manche nennen das Dorf zum Missfallen der „Drommerter“ auch „Drömmert“ liegt außerdem auf der Wasserscheide zwischen Olef und Rur.
Die „Uheleff“ durchströmt südlich das Schleidener Tal („Schleedener Dall“). Die, wie sie, aus dem Hohen Venn kommende Rur ohne „h“ fließt nördlich im parallel verlaufenden Rurtal („Rurdall“), in dem sich Dreiborns Nachbarort „Einruhr“ paradoxerweise mit „h“ schreibt.
Die Olef verbindet sich wenige Kilometer unterhalb von Dreiborn in Gemünd mit der Urft und in Rurberg fließt das Wasser beider Flüsse in die Rur. Alle drei Nordeifel-Flüsse bilden nacheinander Stauseen, Oleftalsperre, die von Kaiser Wilhelm II. noch eigenhändig eingeweihte Urfttalsperre und schließlich der gigantische Rursee mit 200 Millionen Kubikmetern Stauvermögen.
44 Pferde und 1000 Rinder
1274 wurde Dreiborn im Kreuzzug-Steuerregister erstmals erwähnt. Zeitweise war das Dorf („Dorp“, sonst „Dörp“) hoheitlich zweigeteilt, die Wollseifener Straße war die Grenze zwischen Dreiborner und Schleidener Bezirk.
Letzterer gehörte zum Amt Wollseifen. Er umfasste die Orte Berescheid („Beresch“), Ettelscheid („Ettscheld“), Scheuren („Schüüre“), Herhahn („Mehere“), Olef, Nierfeld, Morsbach („Muhschpisch“), Wollseifen („Wollsiefe“), Einruhr („Ruhr“), Hirschrott, Jägersweiler, Burg Vogelsang, Dorf Vogelsang, Leykaul, Lehmkaul, Sauermühle, auf dem Gier, Walberhof („Wallebehoff“), Patersweiher und Hühnerbusch, zusammen 4500 Einwohner.
Bei der Volks- und Viehzählung des Jahres 1900 wurden in Dreiborn 225 Haushalte mit an die 1000 Menschen gezählt, nur 44 Pferde, aber 1000 Stück Rindvieh, 42 Ziegen, 146 Schafe und 194 Stück „sonstiges Vieh“, vermutlich in erster Linie Hausschweine. Zehn Jahre zuvor hatte Josef Hilger („Hellije Jüpp“, „Jupp“) den ersten privaten Telefonanschluss in Dreiborn bekommen: Rufnummer 5. Aus dem Jahre 1935 ist die Einwohnerzahl mit 928 überliefert.
Zu der Zeit gab es vier Gastwirtschaften (Anton Graff, Agnes Hilgers, Witwe Clemens Hilgers, Franz Hilgers) und eine Herberge (Witwe Wilhelm Karbig). Einkaufen ging man beim „Konsum“, in den Kolonialwarenläden von Ivo Wolter, den Geschwistern Hoß, Hubert Dartenne und Franz Robert Mertgens oder in der Gemischtwaren-Handlung: Rosa Möhrer.
Klara Berners verkaufte Farbwaren, Tapeten, Porzellan- und Eisenwaren, Josef Kirch Schuhwaren- und Leder, aber auch Fahrräder einschließlich Ersatzteilen und Rauchwaren. Die Bäckereien des Dorfes betrieben Ludwig Hilgers und Richard Wolter, der Großvater des erwähnten Gerd Wolter („Pitsche Jerd“) sowie Josef Theißen eine „Schmiederei und Maschinenhandlung“, Arnold Steffen und Alois Kupp eine Lohnmüllerei und Franz Heinen, Ehefrau Josef Cornelius, Hubert Wolter und Josef Jäger Lohndruschunternehmen.
Letztere besaßen Dreschmaschinen, die zunächst von Dampflokomobilen, später von Traktoren mit Verbrennungsmotoren über Keilriemen angetrieben wurden. Auch Eduard Braun hatte einen „Dreischkaas“. Die Bauern ernteten das Getreide im Hochsommer mit „Siehet“ (kurzstielige Sense) und „Matthook“ (Garbenhaken) und banden Gerste („Jäesch“), Weizen („Weeß“), Hafer („Haafer“) und Roggen („Ko-e-e
rn“) büschelweise zu Garben („Weschen“).Die wurden zu „Bäähn“, großen gestapelten Strohmieten, aufgeschichtet oder in die Scheunen („Schüüre“) eingefahren. Im Herbst und Winter fuhren dann die Lohndrescher von Hof zu Hof, um die Garbenernte zu dreschen, das heißt die Körner („Kidder“) auszuwalken und von Spreu („Kaav“) und Stroh („Strüüeh“) zu trennen und Letzteres zu Ballen („Büsche“) zu binden.
„Die Landwirtschaft ist mindestens zur Hälfte ein Speditionsgeschäft“ hat einmal ein preußischer Diplom-Landwirt niedergeschrieben. Das fertig gedroschene und in Zwei-Zentner-Säcke abgefüllte Getreide musste zum Landhandel, in Mühlen und zu Brauereien/Mälzereien geschafft werden. Thomasschlacke und Kalk mussten umgekehrt als frühe Kunstdünger ebenso herangekarrt werden, wie die Waren für die Geschäfte.
Fuhrgeschäfte unterhielten in Dreiborn folgerichtig Julius Wolter, die Geschwister Heinen, Reinhold Wolter, Franz Heinen jr. und Alois Kupp. Das Schuhwerk der Drommerter hielten die Schuster: Konrad Stoff, Hubert Stoff, Josef Hilgers und Ewald Braun in Schuss. Der Dorfschneider war Johann Adam, Näherinnen Louise Lammertz und Katharina Steffen.
Franz Wolter und Alfons Schröder waren Schlächter, Alfons Schröder und Norbert Wolter Schreiner. Eine Landesprodukte- und Kohlenhandlung betrieb Franz Möhrer, Martin Lentzen eine Omnibusfirma. Josef Heinen machte die ersten Autotransporte, Josef Stoff schnitt, spaltete und vermarktete Brennholz, Peter Wilhelm Heinen war Schmied und Hubert Dartenne leitete die Dreiborner Drogerie.
Seit dem Sieg über Napoleon, dem Abzug der Franzosen und dem Einrücken der Preußen, die die Eifel und mit ihr Dreiborn ihrer Rheinprovinz einverleibten, behielt Dreiborn das Recht und die Ehre einer eigenen Bürgermeisterei.
Die Nazis, die 1940 einen Scheinflugplatz bei Dreiborn anlegten, um vom wirklichen Flugplatz Walberhof abzulenken (er wurde 1941 tatsächlich von den Alliierten bombardiert), waren Dreiborn nicht so wohlgesonnen.
1940 bildeten sie ohne Zustimmung der Bergbewohner eine Verwaltungseinheit zwischen Dreiborn und Gemünd. Olef kam von Dreiborn zur 1856 mit Stadtrechten ausgestatteten Talkommune; fortan mussten auch die Dreiborner für sämtliche Verwaltungsangelegenheiten ins Gemünder Rathaus hinab.
Das blieb sogar bis 1963 so. Auch wenn Drommer nach dem Zweiten Weltkrieg seine Eigenständigkeit als Verwaltungsmittelpunkt wiederbekam, so blieben doch beide Ämter räumlich in Gemünd und wurden zum Teil in Personalunion geführt. Neben dem Gemünder Rathaus wurde für die Verwaltung von Dreiborn ein Privathaus angemietet.
Hubert Heinen, der letzte Bürgermeister
1963 bekam Dreiborn am Ortseingang aus Richtung Herhahn/Morsbach ein eigenes Rathaus, genannt „et Böro“ - der Dreiborner ging nicht zum Rathaus , sondern „nohm Böro“. Einem unbestätigten Ondit zu Folge würde der Ur-Dreiborner Marcel Wolter, derzeit Erster Beigeordneter und Stadtkämmerer der Stadt Schleiden, noch heute liebend gerne von diesem Rathaus aus das Zepter über die Heimat seiner Väter schwingen.
Doch die Kommunale Neugliederung Ende der sechziger und Anfang der siebziger Jahre kam ihm dazwischen. 1969 geriet Dreiborn zur Stadt Schleiden, die 1972 ihren Kreisstadtstatus einbüßte und mit Dreiborn 1972 zum Kreis Euskirchen geschlagen wurde. So blieb Hubert Heinen der vermutlich letzte Bürgermeister der Gemeinde Dreiborn.
Der letzte ehrenamtliche Bürgermeister von Schleiden (bis 1997) war übrigens mit Dieter Wolter auch ein Dreiborner.
In Dreiborn wird der ripuarisch-limburgische Dialekt gesprochen. Das ist die gleiche Sprache wie in Berescheid, Olef, Wallenthal, Euskirchen, Köln, Düsseldorf und Ahrweiler! Dass es hunderterlei Variationen, Färbungen und örtliche Eigentümlichkeiten der rheinfränkischen Mundart gibt, ist eine alte Jacke - siehe im Kasten „Zwei Dörfer, zwei Dialektvarianten“.
Dreiborn bildet – ähnlich wie Vlatten – eine Sprachenklave, das heißt, die Drommeter reden auch vom Klang ihrer Mundart her und in zahlreichen Spezialvokabeln – anders als die Dörfer ringsum. Statt „onge“ oder „ongert“ bezeichnet der Dreiborner etwas unten Liegendes mit „bonger“ oder „bongert“. „Über“ heißt nicht „övve“ oder „drövver“, sondern „bo-ever“. In Dreiborn sagt man Beispiel „a´r Thek“ statt „an de Thek“, „e´r Hangk“ statt „en de Hangk“ oder „us´r Köch“ statt „uss de Köch“.
„Nach der Kirche“ artikuliert sich „noo´r Kerch“, „vor dem Hochamt“ heißt „vüe´r Huhmo
ess“, „zum Bahnhof“ heißt „nohm Bahnhoff“. Wenn eine Dreibornerin ihre Kinder mittags von der Schule abgeholt hat, dann berichtet sie ihrem Mann abends: „S´medaahs hann ich d´Kongk va´r Schuel jeho-elt“.„Wegen des starken Dreiborner Dialektes war der Deutschunterricht in der Schule fast gleichbedeutend mit dem Erlernen einer Fremdsprache“, sagte Marcel Wolter im Gespräch mit dem Autor. 1730 bis 1758 wurden zumindest die Dorfjungen bereits mit den Adligen in der Wasserburg in Lesen und Schreiben unterrichtet. Am 3. August 1838 wurde der Grundstein einer eigenen Schule in der Georgstraße (heute: „Alte Schule“) gelegt.
1842 wurde das aus zwei zweigeschossigen Gebäuden (Schulhaus und Lehrerwohnung) bestehende Schulensemble im typisch preußischen Baustil eingeweiht. „En Schu-el“ (Drommer) beziehungsweise „en de Schöll“ (Beresch) gingen damals 170 schulpflichtige Kinder. Der Platz im Schulsaal reichte aber nur für 120 „Kongk“ (bzw. „Köngde“). Schon zum Schulanfang war klar: Man würde anbauen müssen.
Eine schließlich 1929 errichtete völlig neue Schule mit Unterklasse, Mittelklasse, Oberklasse und Lehrerwohnung galt als eine der modernsten im Kreis Schleiden. Sie wurde mit der fast parallel zur Kommunalen Neugliederung Ende der sechziger Jahre vollzogenen Schulreform zur Katholischen Grundschule Dreiborn (1.-4. Klasse).
„Jemöngk schään Drommer“
Unterrichtet werden dort „Kongk“ aus Drommer sowie „Köngde“, „Puute“, „Pänz“ uss Beresch, Ettscheld, Mehere, Mu-e-schpisch onn Schüüre, seit 2016 übrigens „schüüf“ (unmäßig) nur noch als Dependance im Städtischen Grundschulverbund der Katholischen Grundschule Gemünd. „Jemöngk schään Drommer lokker fürahn. De zwohte Kier, datt sich die Jemöngde Drommer onger ihr Herrschaft jestallt hahn! Do kass de jeftich (zornig) wäre oder kööm (matt).“
Es gab einmal Zeiten, als der Dreiborner Pfarrer Bruno Ix bekannter war als Dreiborn selbst. In mehreren Büchern machte der an sich im Dorf hochverehrte Geistliche auf Misshandlungen und Abgründe aufmerksam, die er in seinem Leben und in der Kirche erlitten hatte. Die Medienkampagne, die Pfarrer Ix damit auslöste, war manchen seiner Schäflein aber rasch zu turbulent.
Die Religion spielte auf der Höhe seit jeher eine große Rolle. Die ursprünglich 1461 durch die „stiffstödig“ (vornehm) Elsa von Brohl gestiftete Kapelle, die spätere erste Georgskirche, dient heute in Fragmenten als Kriegergedächtniskapelle.
Zu der Zeit und noch bis 1778 gehörte Dreiborn nicht nur zur Pfarre Olef, eine der größten und bedeutendsten im ganzen Nordeifelraum. Drommerter Kongk mussten auch im Tal getauft und, wenn einer „de Klüsen“ (Augen) „zojedohn“ hatte, auf dem Olefer Gottesacker beerdigt werden.
Der Kirchweg ins Tal wurde „Licheweich“ (Leichenweg) genannt und führte entlang der heutigen Straße nach Herhahn über Hühnerbusch und den Lützenberg nach Olef. Verstorbene aus Dreiborn und Berescheid wurden an der Kapelle in Dreiborn aufgebahrt, bevor sie auf dem Weg zur letzten Ruhe nach Olef gefahren wurden
1778 durfte in Dreiborn vor Ort getauft, getraut und begraben werden – Letzteres auf eigenem Friedhof neben der Georgskirche. 1804 schließlich wurde Dreiborn mit Berescheid zur selbständigen Pfarrei erhoben. Die neue Pfarrkirche St. Georg wurde 1893/1894 nach einem Entwurf des Kölner Architekten Theodor Kremer erbaut und bis 1896 eingerichtet.
Seit den 60er Jahren „lögden“ (läuten) die Drommerter mit einem in der Region ziemlich einmaligen Fünf-Glocken-Geläut. Mitte Juni 1994 feierten sie drei Tage lang ihr 100-jähriges Kirchenjubiläum.
Seit dem 1. Mai 1989 besitzt Dreiborn eine eigene Fahne, das „Rosenbanner“. Markante Einrichtungen im Dorf sind neben Wasserschloss, alter und neuer Georgskirche, Brunnen-Park, Schule und ehemaligem Rathaus die Kindertagesstätte (seit 1973) für 60 „Pänz“ aus Dreiborn, Berescheid, Ettelscheid und Scheuren, Feuerwehrhaus, Sportplatz, Kunstrasenplatz, Vereinshaus, Mehrzweckgebäude, Gastronomie: Café Kupp 19, Burgschänke am Nationalpark Eifel, „Backes“, das bekannteste Fachwerkhaus in Dreiborn, und die „Hiersch-Kick-Bud“ am Ortsrand, eine überdachte und barrierefreie Empore zur Wildbeobachtung vor allem während der Hirschbrunft im September.
Einer besonderen Erwähnung in diesem Kontext bedarf der 1927 von den fünf Brüdern Hilgers errichtete Dorfsaal, der schließlich von Karoline und Klemens Hilgers bewirtschaftet wurde. 1928 wurde dort die erste Kirmes gefeiert, im Krieg diente der Saal als Hauptverbandsplatz und nach der Zwangsevakuierung von Wollseifen fanden dort vertriebene Familien Unterschlupf.
Später wurde der Saal als Sport- und Turnraum genutzt, aber auch für Kinoaufführungen und 1974 und 1994 während Renovierungsarbeiten des Gotteshauses als Notkirche. Gerd Wolter: „Im Saal wurde getauft, geheiratet, gearbeitet, gefeiert aber leider auch gestorben.“ 2000 wurde der Ausschank von der Familie Hilgers eingestellt und durch die Dreiborner Vereine weiter betrieben, 2018 übernahm die Dorfgemeinschaft Dreiborn den Saal als Zentrum des kulturellen und gesellschaftlichen Lebens. Ab 2020 wird der in die Jahre gekommene Saal mit Fördergeldern des Landes NRW saniert und soll wieder zur „Guten Stube“ des Dorfes werden.
Zum Vereinsleben gehören außer der erwähnten Dorfgemeinschaft Dreiborn e. V. die Feuerwehr, der Spielmannszug, der 1981 und 2019 bei der New Yorker Steubenparade auftrat, Musikverein Concordia, „Drums & Pipes“, Kirchenchor St. Josef, Junggesellenverein, Theaterverein „De Uusen“, TuS DJK Dreiborn 1949 e. V., Eifelverein-Ortsgruppe, „Coole Geißböcke“ und Ornithologische Gesellschaft Dreiborn. Berühmt sind der Dreiborner Karneval, das Schlauchbootrennen „Downhill“, das Ginsterblütenfest und Expeditionen auf der Dreiborner Hochfläche.
Alfred Wolter und Prof. Dardenne
Zu den bekanntesten Persönlichkeiten von Drommer gehört der Mundart-Experte und Regionalhistoriker Alfred Wolter, gelernter Schuhmacher und „lebendiges Geschichtsbuch“, so der bereits zitierte Namensvetter, Neffe und Erste Beigeordnete. 2017 wurde er für seine unermüdlichen Recherchen und Sammlungen vom Bundespräsidenten mit der Verdienstmedaille ausgezeichnet.
Der 1924 in Dreiborn geborene Prof. Ulrich Dardenne (+ 2001) war ein „Native-Speaker“ des Drommeter Idioms, erwarb sich allerdings als Wissenschaftler und Revolutionär der Mikrochirurgie weltweiten Ruhm. Er wirkte als Universitätslehrer und Augenchirurg in Bonn, operierte als erster Europäer den grauen Star ambulant und behandelte jährlich in den Ferien kostenlos Menschen in Entwicklungsländern. 1984 wurde ihm in Los Angeles der wissenschaftliche „Oscar“ verliehen, ein Jahr später ob seiner wissenschaftlichen Leistungen das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse. 1989 gründete der „Drommeter Vendt“ die Ulrich-Dardenne-Stiftung.
Bernard Joseph Hilgers (1803-1874) war ein deutscher römisch-katholischer und später alt-katholischer Theologe, seit 1846 Professor der Kirchengeschichte. Seine Bücher wurden von manchen Theologen und dem Erzbischof von Köln in die Nähe der Ketzerei gerückt. Als Papst Pius IX 1870 das theologisch umstrittene „Dogma von der Unfehlbarkeit des Papstes“ verkündete, widersetzte sich Hilgers, wurde suspendiert, später exkommuniziert und trat der „papstlosen“ alt-katholischen Kirche bei. Sein Portrait hängt bis heute in der Sakristei von St. Georg in Dreiborn.
DROMMER on BERESCH - so nah und doch so unterschiedlich
So nah und doch so verschieden wie Berescheid und das 500 Meter „dröver“ oder „bo-evert“ (oberhalb) gelegene Dreiborn sind viele Ortschaften im ripuarisch-limburgischen Sprachraum. Die rheinfränkische Sprache hat zwischen Niederrhein und Eifel viele Varianten, erst südlich von Dahlem/Hellenthal geht sie tatsächlich in einen anderen Dialekt über, das sprachverwandte Moselfränkisch.
Hierzu haben jeweils ein Bereschter und ein Drommerter Urgewächs beispielhaft einige Ausdrücke zusammengetragen, die sich im „Platt“ des jeweiligen Ortes mehr oder weniger deutlich unterscheiden. Auf einige „spezielle“ Ausdrücke, wie beispielsweise das Wort für „essen“ (in Beresch „eiße“) musste hierbei verzichtet werden, weil es schlicht und einfach unmöglich ist, den Drommerter Ausdruck hierfür aussprachegerecht aufzuschreiben.
Dass diese sprachlichen Eigenheiten im richtigen Leben auch schon mal zu gewissen Verständigungsproblemen führen können, soll die folgende Anekdote, deren Wahrheitsgehalt weder offiziell bestätigt noch widerlegt ist, verdeutlichen:
Vor Jahren, als der regelmäßige Besuch der Sonntagsmesse noch ebenso selbstverständlich war wie – jedenfalls für die Herren der Schöpfung (Mannslöck) – der anschließende Frühschoppen, betrat ein Landwirt (Buur) aus Berescheid nach der Messe die Dreiborner Kneipe. Prompt sprach ein schon anwesender Dreiborner ihn an: „Na, Due Bereschter, worsch Due ooch jrad err Moss.?“ („…warst Du auch grade in der Messe?“) Daraufhin der Berescheider: „Nee, ich wor en dr Mess, net en dr Moss. Denn bej oss oss Moss, wat överich oss, wenn ose Ohes ens mosse moss.“ (Bei uns ist Mist, was übrig ist, wenn unser Ochse mal müssen muss.“)Anmerkung: Hier könnte man anstatt „mosse moss“ auch die derbere Version „drieße moss“ wählen, was aber vom Wortspiel her nicht so interessant klingt.
Aber eins ist wichtig:
Obwohl der Bereschter im Gegensatz zum Drommerter, der vorzugsweiwe das „O“ verwendet, eigentlich eine Vorliebe für das „Ö“ hat, hörte man noch nie einen Berescheider seinen Nachbarort „Drömmer“ nennen. Drommer wor, oss on blievt ooch en Beresch „DROMMER“.