Künstler Peter Henn bei der Umsetzung seines Entwurfs.

Ein Mahnmal für die ganze Stadt

Ort des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus

Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus

Aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen

Die Erinnerungskultur im Stadtgebiet ist das Ziel eines neuen Projekts der Bürgerstiftung Schleiden: Die Stadt mit ihren 18 Ortsteilen erhält im März 2025 ein neues Mahnmal als zentralen Ort des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Anlass war die Erweiterung der berücksichtigten Opfergruppen. So werden nun die zahlreichen Pflegepatienten aus dem Stadtgebiet, die im Rahmen der systematischen Patientenmorde in Hadamar und anderen Anstalten stattfanden, in das Gedenken einbezogen. Das gilt auch für Patienten, die nicht den rassistischen Vorstellungen des NS-Regimes entsprachen und zwangssterilisiert wurden. Künftig soll auch an die während des Krieges zu Hunderten im Stadtgebiet zur Zwangsarbeit eingesetzten ausländischen Arbeitskräfte erinnert werden, die zum Teil wegen geringfügiger Vergehen von der Geheimen Staatspolizei in Konzentrationslagern und anderen Haftanstalten inhaftiert wurden. Mindestens zehn zivile Zwangsarbeiter kamen hier bei der Arbeit ums Leben. Noch schlimmer erging es den sowjetischen Kriegsgefangenen, die in Arbeitskommandos im Stadtgebiet eingesetzt waren. Die Gestapo erschoss im Herbst 1944 zwei Menschen in Gemünd und Schleiden. An der Kreuzung Blumenthaler Straße / Am Holgenbach ermordeten fanatische Nationalsozialisten 1944 zudem einen kriegsgefangenen amerikanischen Piloten. Politische Gegner des Nationalsozialismus erlitten materielle und berufliche Nachteile durch Zwangsentlassungen aus ihren Berufen, einige kamen in Konzentrationslager.

Treffen am Aufstellungsort.

Das neue Mahnmal mit dem erweiterten Gedenken auf dem kleinen Platz vor dem „Alten Rathaus“ in Schleiden errichtet. Es ist einerseits groß genug, um deutlich wahrgenommen zu werden, andererseits fügt es sich in das bestehende Gebäudeensemble und den Platz mit seiner Bepflanzung ein. Angeregt wurde das neue Denkmal von einem bürgerschaftlichen Arbeitskreis, der sich mit dem Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus in der Stadt beschäftigt. Dieser Arbeitskreis übernahm unter anderem Rechercheaufgaben und machte Formulierungsvorschläge für den Text des Denkmals, der insgesamt sechs Opfergruppen benennt.

Aus Sicht von Vorstand und Kuratorium spiegelt das Projekt die Stiftungsziele wider. Da die Stiftungszwecke Heimatgeschichte und Bildung mit diesem Projekt verfolgt werden, erscheint der Standort „Am alten Rathaus“, umgeben von Schulen und der Stadtbibliothek, gut gewählt. Das Projekt dient dem Gemeinwohl, trägt im öffentlichen Raum zur politischen Bildung und Demokratiestärkung bei und hebt die Erinnerungspolitik im Stadtgebiet auf das heute allgemein übliche Niveau. Das Stiftungskuratorium hat auf Vorschlag des Vorstandes in seiner Sitzung am 19.12.2023 beschlossen, dass die Stiftung selbst Trägerin des Projektes werden soll. Gleichzeitig stellte das Kuratorium 10.000 Euro zur Finanzierung zur Verfügung. Dieser Betrag wurde später durch Zustiftungen der VR-Bank und der Kreissparkasse deutlich aufgestockt.

Für die Realisierung wurde am 26. Februar 2024 ein beschränkter Künstlerwettbewerb ausgeschrieben, an dem sich vier Künstler beteiligten. Anschließend entschied die Jury im Beisein von Vertretern der Ratsfraktionen und des Kuratoriums der Bürgerstiftung über die Platzierung der Entwürfe, wobei die ersten drei Plätze mit einem Preisgeld von 1.000 Euro dotiert waren.

Download des Begleitheftes

Allen Interessierten steht nachfolgend das Begleitheft zum Download zur Verfügung. Darüber hinaus ist dieses im Bürgerbüro der Stadt Schleiden, in der Stadtbibliothek Schleiden sowie in der Kreissparkasse Schleiden zur kostenlosen Mitnahme erhältlich.


Künstlerwettbewerb

Entwurfszeichnungen des Künstlers zu seinem Mahnmal-Vorschlag für die Stadt Schleiden.

Den ersten Platz vergab die Jury an den in der Konzener Vennschmiede arbeitenden Künstler Peter Henn. Sein Entwurf orientiert sich an den sechs Opfergruppen. Sichtbar wird dieser Gedanke durch die Installation von sechs quadratischen Metallstelen mit einer Höhe von jeweils 2,60 Metern. Die einzelnen Stelen sind aus Vierkantstahl (150 mm) gefertigt, spritzverzinkt und pulverbeschichtet. Die oberen, abgeflachten Endflächen der Stelen sind vergoldet. Dieser optische Blickfang am höchsten Punkt des Mahnmals soll als Symbol des Respekts und der Wertschätzung der Opfergruppen verstanden werden. Er kann auch einen Bezug zu den in der Region verlegten Stolpersteinen herstellen, die ebenfalls an das Schicksal der in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgten und ermordeten Menschen erinnern. Jede der sechs Stelen ist im oberen Drittel leicht nach vorne geneigt, so dass die Endstücke der Stelen wie ein schützender Schirm in der Mitte des Objektes zusammenlaufen. Der keilförmige Knickpunkt jeder Stele soll an eine offene Wunde erinnern und symbolisch für das Leid stehen, das den Menschen zugefügt wurde.

Die siebeneckige Stelengruppe verzichtet auf das vordere Element und gibt dort den Blick frei auf die zentrale, von Stelen umgebene Mittelsäule. Sie bildet das Zentrum des Denkmals. Auf der abgeschrägten, 1,20 Meter hohen Mittelsäule ist der Tafeltext zu lesen, der die Intention des Mahnmals und seine Bedeutung erläutert. Die fehlende Stele bildet als Lücke zugleich den Zugangsbereich für die Besucher, die eingeladen sind, durch diese Öffnung das Mahnmal zu betreten, um in Korrespondenz mit den Stelen selbst Teil der Darstellung zu werden. Auf diese Weise soll ein Ort der Besinnung und des Nachdenkens entstehen. Die Fundamente der sechs Stelen wurden mit einem kleinen Viereck aus Natursteinpflaster ebenerdig abgeschlossen. Der Künstler realisierte nun das Mahnmal zum vorgegebenen Preis von 10.000 Euro.


Entwurf Karl Goffart.

Den zweiten Platz vergab die Jury an den Vorschlag des Monschauer Steinmetzmeisters Karl Goffart. Er schlug als Mahnmal eine oben mit Stacheldraht verschlossene Schleuse vor, deren Seitenwände mit Einfassbalken verstärkt und deren Seiten und das Bodenpflaster aus alten Schleidener Grabsteinen bestehen sollte. Das Kunstwerk sollte an das Schicksal der deportierten Juden und der am nahe gelegenen Bahnhof angekommenen Zwangsarbeiter erinnern.

Entwurf Joachim Röderer.

Den dritten Platz sprach die Jury dem Magdeburger Künstler Joachim Röderer zu. Sein Vorschlag sah ein stilisiertes, universelles Menschenpaar vor, das als Negativ in eine Stahlplatte eingelassen werden sollte und den Text umrahmte. Mann und Frau, ohne Zuordnung, ohne Nation, in ihrer unantastbaren Schönheit und Würde. Schrift und Code sollten von beiden Seiten lesbar in den Cortenstahl geschnitten werden. 

Entwurf Christine Santema.

Den vierten Platz belegte nach Meinung der Jury die Kölner Künstlerin Christine Santema. Ihr Entwurf sah eine imposante, drei Meter hohe Stahlskulptur aus sorgfältig ausgewählten Fundstücken vor. Die zu einem Ganzen zusammengefügten Einzelteile sollten die zersplitterten Überreste einer Welt darstellen, die durch die Gräueltaten des Nationalsozialismus ausgelöscht wurde. Die Namenlosigkeit der Opfer sollte sich in der Gesichtslosigkeit der Figur widerspiegeln. 


Enthüllung am 7. März 2025

Feierlich enthüllt wurde das Denkmal am 7. März 2025, auf den Tag genau 80 Jahre nach der vollständigen Befreiung des Stadtgebietes vom Nationalsozialismus.

Der Festakt wurde von Landrat Markus Ramers, Bürgermeister Ingo Pfennings als Vertreter der Bürgerstiftung Schleiden, Schülerinnen und Schülern des Städtischen Johannes-Sturmius-Gymnasiums sowie Franz Albert Heinen für den Arbeitskreis „Erinnerungskultur“ begleitet, die an die Opfer und deren Schicksale erinnerten.  Gemeinsam wurde ein Raum geschaffen, in dem wir innehalten, gedenken und die Lehren der Geschichte bewahren können.

Bildergalerie

Bildstrecke zur Entstehung und Enthüllung des Denkmals.

Weitere Infos & Kontakt

Nach Abschluss des Mahnmal-Projektes beabsichtigt der bisherige „Arbeitskreis Gedenken“ die Gründung eines gemeinnützigen eingetragenen Vereins mit der Zielsetzung des Gedenkens an die NS-Opfer


Kontakt für Interessierte

Georg Toporowsky
Seelsorge in Nationalpark Eifel + Vogelsang
Vogelsang 86a
53937 Schleiden
Telefon 02444 575 99 87
georg.toporowsky@bistum-aachen.de


Weitere Informationen zu den Stolpersteinen

 https://stolpersteine.wdr.de/